Blähungen, Aufgasungen, Trommelsucht

blähungen-kaninchenWas ist eine Aufgasung?

Bei der Aufgasung handelt es sich um die Entstehung von Gasen im Verdauungstrakt. Anders als andere Tiere oder der Mensch, können Kaninchen kaum Aufstoßen oder pupsen, so dass sich die Gase schnell im Verdauungstrakt ansammeln.

Symptome/Diagnose: An was erkenne ich, dass mein Kaninchen aufgegast ist?

Betroffene Kaninchen sind teilnahmslos (apathisch), fressen weniger oder gar nichts, sitzen immer an der selben Stelle und bewegen sich nicht wie sonst. Die Tiere wirken rund und „aufgeplustert“. Manchmal ist eine Aufgasung auch am Bauch zu sehen (das muss jedoch nicht so sein), viele Kaninchen reagieren empfindlich beim Abtasten des Bauches. Die Diagnose kann einzig ein Tierarzt stellen, indem er das Kaninchen röntgt, denn es gibt einige andere Krankheiten, die sich ähnlich äußern.

Ursachen: Wie kommt es zu Aufgasungen?

Wenn der Magen oder Darm des Kaninchens aufgast, dann handelt es sich um eine Fehlfunktion der Verdauung, der grundsätzlich Ursachen zu Grunde liegen. Dieser Ursache sollte grundsätzlich nachgegangen werden um weitere Erkrankungen zu verhindern.

  • Eine Ursache kann die Fütterung größerer Mengen ungewohnten Futters sein, gerade trockenes oder ungesundes Futter führt recht schnell zu Blähungen, wenn es in ungewohnter Menge angeboten wird. Wenn die Kaninchen sehr ungesund mit Trockenfutter ernährt werden, reagieren sie auch oft auf Frischfutter mit Aufgasungen. Sehr verbreitet sind Aufgasungen im Frühjahr, wenn die Halter begeistert das frische Grün für ihre Kaninchen pflücken und es den zuvor Monate lang trocken ernährten Tieren in großen Mengen anbieten.
  • Auch vergorenes, ungeeignetes, schimmeliges und mit Spritzmitteln stark belastetes Futter kann Blähungen auslösen. Wenn Kaninchen eine große Futterauswahl haben, fressen sie stark belastetes oder altes/welkes Futter nicht, wenn Ihre Kaninchen solche Dinge zu sich nehmen, erhöhen Sie bitte die Frischfuttermenge drastisch.
  • Oft lassen sich bei Aufgasungen Hefen, Kokzidien, Giardien, e. coli Bakterien oder eine Darmentzündung nachweisen. Infektionen und Parasiten im Darm können die Verdauung behindern und so eine Aufgasung begünstigen. Gerade wenn die Kaninchen öfters aufgasen, liegen sehr oft Kokzidien als Ursache zugrunde. Lassen Sie deshalb grundsätzlich eine Kotprobe von drei Tagen auf Parasiten untersuchen, wenn Ihr Kaninchen Verdauungsprobleme hat.
  • Bei vielen Tieren ist auch die Darmflora durch Antibiotika-Gaben, eine falsche Fütterung oder eine zu frühe Trennung von der Mutter unvollständig aufgebaut, was sie sehr empfindlich macht, eine gesunde Ernährung kann dies ausgleichen.
  • Auch Zahnprobleme (die ebenfalls durch eine Fehlernährung hervorgerufen werden oder angeboren sind) können Blähungen verursachen, da durch diese unzureichend zerkaute Nahrung in den Verdauungstrakt gelangt und diesen zusätzlich belastet.
  • Leider ist immer noch die Verfütterung von Trockenfutter verbreitet, auch vermeintlich gesundes Trockenfutter (bzw. hartes Brot, Knabberstangen oder Leckerlis), das als getreidefrei oder gesund angepriesen wird, macht die Verdauung krank und begünstigt Verdauungsprobleme. Der kranke Verdauungstrakt ist dann sehr schnell „überfordert“ und hat mit der Verdauung der Nahrung zu kämpfen. Dadurch werden einzelne Bestandteile nicht richtig verdaut und beginnen zu gären. Besonders eine zu trockene und energiereiche Nahrung ist eine der häufigsten Ursachen für Trommelsucht. Handelsübliches Trockenfutter (auch „getreidefreies Trockenfutter“, Trockengemüse, hartes Brot, Leckerlis und andere trockene Nahrung) verlangsamen die Verdauung, da sie recht schnell satt machen (hohe Energiedichte und „Quellfähigkeit – der Nahrungsbrei quellt bei Kontakt mit der Magensäure auf und verfünffacht sich im Volumen), die trockene Nahrung überfüllt den Magen und trocknet ihn ein Stück weit aus. Dadurch kommt es zu einem sehr langsamen Weitertransport oder Stillstand des Magens. Es wird auch keine neue Nahrung mehr aufgenommen oder nur sehr wenig (das Kaninchen ist satt und „überfüllt“) so dass kein nachschiebender Nahrungsbrei die Nahrung weiter transportiert. Dann öffnet sich der Magenpförtner nicht immer, da er bei trockenen Nahrungsbrei im Magen verschlossen bleibt und wartet, bis dieser ausreichend feucht ist. Liegender Nahrungsbrei ist sehr gefährlich, da sich bei Gärungsvorgängen Gase bilden können, die so auch nicht weiter transportiert werden können (Kaninchen können auch nicht Aufstoßen) und so gast sehr schnell der Magen auf. Auch der Darm kann auf selben Weg still gelegt werden und gast dann ebenfalls auf.
  • Auch wenn aufgrund einer anderen Erkrankung  wenig oder nichts mehr gegessen wird, kann das Kaninchen aufgasen, da dann der Nahrungsbrei im Magen/Darm liegend verweilt. Dies kommt vor, wenn das Kaninchen krank ist, sehr häufig durch Verstopfungen oder Haarballen. Dies ist übrigens die häufigste und gefährlichste Ursache!
  • Längere Fresspausen oder Schlingen führen häufig zu Blähungen. Bieten Sie Ihren Kaninchen mehrmals täglich und ausreichend Grünfutter an, damit es in Ruhe fressen kann und stetig über Tag und Nacht verteilt, Nahrung zu sich nimmt.
  • Wenig Bewegung kann Blähungen verstärken, es tut den Kaninchen gut, wenn sich Kaninchen mit Blähungen viel bewegen und so die Verdauung in Schwung bringen. Eine artgerechte Haltung mit viel Platz (auch nachts) beugt Aufgasungen vor.

    Wichtig: Viele Tierärzte geben an, dass die Kohlfütterung zu Blähungen führt. Das stimmt so nicht! Gesund ernährte Kaninchen vertragen Kohl problemlos in großen Mengen. Sollte er nicht vertragen werden, liegt es meist an der Fütterung von Pellets oder anderem ungesunden Futter, das den Darm belastet und zu Unverträglichkeiten gegenüber Kohl, Gras und anderen Frischfutter führen kann. 

    Behandlung: Was hilft gegen Blähungen?

    Als Notfallmedikation beim Verdacht auf Blähungen eignet sich etwa 1 ml RodiCare akut (Internet, Tierarzt), gemischt mit 1 ml Sab Simplex (Apotheke, Internet). Diese Medikamente können, wenn sie rechtzeitig verabreicht werden, Leben retten und sind bei einmaliger Gabe weder bedenklich, noch können sie überdosiert werden. Suchen Sie anschließend den Tierarzt auf. Ein Tierarztbesuch ist bei akuten Aufgasungen unumgänglich, nur er kann feststellen, ob es sich tatsächlich um Blähungen handelt. Aufgasungen können beim Kaninchen recht schnell zu Kreislaufversagen führen, was mitunter auch tödlich enden kann. Bestehen Sie beim Tierarzt auf eine Röntgenaufnahme und die genaue Kontrolle der Zähne. Sammeln Sie drei Tage Köttel von ihren Kaninchen (von allen, nicht nur vom Erkrankten) und lassen sie diese auf Hefen, Kokzidien, Giardien und Würmer untersuchen, um die Ursache zu finden. Die tierärztliche Behandlung besteht aus einem Entbläher mit dem Wirkstoff Simeticon oder Dimeticon (Sab Simplex, 0,5-1 ml/kg oder auch Lefax, Imogas, Dimeticon). Durch diesen werden die Gasblasen im Darm verändert, so dass sie mit dem Kot besser abgehen können. Auch RodiCare akut (ca. 3 Tropfen/kg 3x tägl., bei der ersten Gabe gerne deutlich mehr) oder ein vergleichbares Mittel (z.B. curasal Rodikolan) ist sehr wichtig um die Darmbewegungen anzuregen und das Milieu im Verdauungstrakt zu verbessern. Schmerzmittel (am besten Novalgin, 10-20 mg/kg, 2-3x tägl.), Infusionen (20-40 ml/kg) und teils MCP als Tropfen oder als Injektion (1-5 mg/kg, 3x tägl. – umstritten) sind ebenfalls oft Teil der Behandlung. In manchen Fällen kann über eine Magensonde das Gas langsam (niemals schnell!) abgelassen werden. Bieten Sie Ihrem Kaninchen eine eingewickelte Wärmflasche an, denn viele aufgegaste Kaninchen sind unterkühlt, es darf diese Wärmequelle jedoch jeder Zeit verlassen. Um die Blähungen schneller zu lösen, sollte das Kaninchen zu Bewegung animiert und der Bauch sanft massiert werden. Bieten Sie Ihren Kaninchen frischen Dill, andere Küchen- und Wildkräuter und alles, was es fressen könnte direkt vor dem Maul an, damit es möglichst schnell wieder kleine Mengen zu sich nimmt. Wenn es anfängt zu fressen, hat es das Schlimmste überwunden. Bei akuten Blähungen ist teilweise eine Überwachung der Kaninchen nötig, so dass sie stationär beim Tierarzt bleiben müssen, bis der Kreislauf stabil und die Lebensgefahr abgewendet ist.

    Viele Blähungen sind durch Haarballen bedingt! Dementsprechend muss dies immer durch ein Röntgenbild ausgeschlossen und entsprechend auch die Verstopfung behandelt werden!

    Um Haarballen zu sehen, wird teils Kontrastmittel eingegeben und dann geröngt. Ohne Kontrastmittel sind Haarballen teils sichtbar, wenn der Verdauungsabschnitt davor gefüllt und der anschließende Bereich leer oder aufgegast ist. Kontrastmittel können die Verdauung zusätzlich überladen und die Blinddarmbakterien aus dem Gleichgewicht bringen, was lebensgefährliche Aufgasungen zur Folge haben kann.

    Ernährung bei Kaninchen die zu Blähungen neigen oder bei Akut-Blähungen zur Unterstützung der tierärztlichen Therapie

    Es gibt immer wieder Kaninchen, die aufgrund einer früheren Falschfütterung zu Blähungen neigen. Natürlich sollte an erster Stelle die Ernährung umgestellt werden. Eine Ernährung mit unbegrenzt Grünfutter (nach Möglichkeit aus der Natur) ist bei Blähungen die beste Wahl, da dadurch der Verdauungstrakt gleichmäßig belastet und reguliert wird. Jede Form von Getreide und fertigen Futtermitteln (Trockenfutter, Pellets, Mischfutter…) sollte erst einmal abgewöhnt werden. Getreide und Saaten als Energiefutter können, wenn die Verdauung wieder stabil ist, im begrenzten Umfang wieder angefüttert werden. Fertigfutter jeder Art ist aufgrund der verdauungsschädigenden Wirkung und den kritischen Inhaltsstoffen als Futter nicht empfehlenswert.

    Diese Futtermittel wirken gezielt gegen Blähungen:

  • Küchen-Kräuter: Dill, Pfefferminze, Melisse, Basilikum, Petersilie, Thymian, Majoran, Salbei, Schnittlauch, Wermut, Liebstöckel, Lavendel, Brennnessel
  • Wald- und Wiesenkräuter: Bärenklau, Löwenzahn, Eichenrinde und -blätter, Bärlauch, Echte Kamille, Weidenkätzchen und Zweige, Schafgarbe, Wegwarte
  • Saaten: Dillsamen, Fenchelsamen, Kümmel, Anissaat
  • Gemüse: Fenchel, Ingwer